24. Oktober 2018

Zitat des Tages

»Das Böse braucht keinen Hitler, keinen Stechschritt, keinen irren Chirurgen, der Journalisten bei lebendigem Leibe die Finger abschneidet oder Menschen Ratten implantiert. Es braucht im Grunde nur eine Mehrheit, die ihren zufällig gerade vorhandenen Konsum- und Überlebensvorteil im allgemeinen Taumel, in dem sich unsere Welt befindet, als demokratisches Recht betrachtet.« 
(Milo Rau)

22. September 2018

Der sogenannte »gesunde Menschenverstand«

Die Meisten verstehen immer nur die Hälfte und oft auch noch die falsche Hälfte, die an der Oberfläche. Sie durchdringen nicht. Sie verinnerlichen nicht. Sie nehmen nur wahr, was ihre simplen Reflexe anregt. Das Wesentliche bleibt ihnen verborgen. Alles bleibt ihnen verborgen.

9. September 2018

Nationalismus führt ganz zwangsläufig zu Krieg

Beispielhaft dafür sind kürzlich stattgefundene Aggressionen zwischen britischen und französischen Jakobsmuschelfischern vor der Seine-Mündung im Ärmelkanal. Da wegen der Unsicherheiten des Brexit eine konkrete, verbindliche, aber befristete Vereinbarung und Regelung zwischen Großbritannien und Frankreich bisher nicht verlängert werden konnte, kam es zwangsläufig zu feindseligen Aktionen zwischen britischen und französischen Fischern, bis zu gefährlichen Rammmanövern zwischen den gegnerischen Schiffen bisher befreundeter Nationen.

21. August 2018

Wirklichkeit gibt es nicht

Wer sich wahrhaftig und selbstkritisch mit den Details seiner Vergangenheit auseinandersetzt muss feststellen, dass Erinnerung an vermeintlich tatsächlich Stattgefundenes nur erfundene, zumindest aber geschönte Erzählungen von Ereignissen und Handlungen sind. Tatsächlich gibt es keine wahre und also objektive Darstellung von Geschehen, wer sollte sie denn erzählen? Jeder erzählt die Geschichte so, dass er selbst in möglichst bestem Licht erscheint, oder, falls er nicht beteiligt war, dass seine Interessen am besten vertreten werden.

3. August 2018

Die nächste Weltkriegsbombe ...

... die entdeckt wird, bitte ich von Alexander Gauland, unterstützt von Björn Höcke und Jens Maier entschärfen zu lassen. Jedem anderen AfDler, bevorzugt MdBs, steht es natürlich frei mitzuhelfen. Danke. Traut euch!

Twitter, das heißt ...

... dass dich ein Roboter fragt, ob du ein Roboter oder ein Mensch bist, und wenn er meint, du bist kein Mensch, wird dein Account gesperrt. Lachhaft.

Ach übrigens ...

... Twitter gehört jetzt dem Donald Trump, dem Generaldirektor Haffenloher und dem Wladimir Wladimirowitsch Putin und all den anderen autokratischen Sonnenkönigen, denen es nur um eigene Vorteile und eigene Machtinteressen geht. Die restliche Menschheit, die Natur, der Planet Erde und alles Lebende sind diesen tyrannischen Wiedergängern aus Altertum und Mittelalter scheißegal und die Big Brothers Trump, Putin, Haffenloher und all die anderen Möchtegernherrscher are watching and paying you!
Filmausschnitt Schimmerlos/Twitter und Haffenloher/Trump

2. August 2018

Der schleichende Nationalsozialismus

Da bezeichnet ein AfD-Politiker den Hitler-Attentäter Stauffenberg als »Verräter«, ein anderer bezeichnet dies als »komplett inakzeptabel«. Ein Parteiausschluss findet jedoch nicht statt. Gleichzeitig hält der Verfassungsschutzpräsident nach wie vor seine schützende Hand über die AfD, obwohl Höcke immer noch Mitglied ist. Noch Fragen?

30. Juli 2018

Aus »Nur Gutes über den Kaiser« von Stefan Kornelius, SZ, 31.07.18

»Trumps rastlose Angriffe gegen seriöse Medien zerstören den letzten Rest Konsens, den eine Gesellschaft für ihren Zusammenhalt benötigt. Wer die gemeinsame Wahrheit als Basis der demokratischen Auseinandersetzung zerstört, dem bleibt nur noch der blanke Hass, die Unterdrückung, am Ende die Gewalt. Aus einer Glaubwürdigkeitskrise wird eine Vertrauenskrise und daraus eine Staatskrise. Die Amerikaner leben längst in einer Staatskrise, weil die Einteilung des Staates in Lügner und Anhänger der Trump'schen Wahrheit das Land zerrissen hat.«

26. Juli 2018

Twitter ade

Solange Twitter bei rechtspopulistischen, rechtsradikalen und gewaltbereiten rechtsextremen Hetz- und Hassaccounts offensichtlich keine »verdächtigen Aktivitäten« entdecken kann und sie unbehelligt gewähren lässt, aber stattdessen harmlose Kunst- und Kulturaccounts wegen angeblicher »verdächtiger Aktivitäten« »vorübergehend« sperrt, solange interessiert mich Twitter nicht mehr.

19. Juli 2018

Und dann? Rebellion der Dummen.

Und dann wird das, was die Dummen nicht verstehen, bei Strafe verboten werden.

Der Untergang Roms

Ich frage einen ehemaligen Freund, der in seinem Blog den Artikel eines hysterischen Historikers verlinkte, in dem der Untergang Roms mit einer blauäugigen Duldung von zuviel Zuwanderung fremder Völker ins Römische Reich erklärt wird, ob es nicht auch andere Gründe gegeben haben könnte für den Niedergang dieser historischen Weltmacht und, sollte das Suggerierte tatsächlich der Hauptgrund gewesen sein, können wir nicht froh sein, über den Untergang Roms? Oder wäre es besser, wenn wir heute noch mit Tunika, Feminalia, Caliga, Cassis, Crista oder Galea herumlaufen würden?
Außerdem: Betreiben die lautesten Befürworter von starker Begrenzung der Einwanderung, und zwar mit Gewalt und letztlich dann auch zwangsläufig militärischer Gewalt, nicht ebenfalls zugegebenermaßen den Untergang Roms, beziehungsweise der EU? Und welcher Untergang ist wohl der bessere? Derjenige, der angeblich langfristig durch unbegrenzte Einwanderung passieren soll, oder derjenige Untergang, den rechte, antidemokratische, verfassungsfeindliche, von feindlichen autokratischen Mächten unterstützte Hetzer und Unmenschen kurzfristig betreiben?

Robert Musil, MoE I.13

»Und eines Tags hörte Ulrich auf, eine Hoffnung sein zu wollen. Es hatte damals schon die Zeit begonnen, wo man von Genies des Fußballrasens oder des Boxrings zu sprechen anhub, aber auf mindestens zehn geniale Entdecker, Tenöre oder Schriftsteller entfiel in den Zeitungsberichten noch nicht mehr als höchstens ein genialer Centrehalf oder großer Taktiker des Tennissports. Der neue Geist fühlte sich noch nicht ganz sicher. Aber gerade da las Ulrich irgendwo, wie eine vorverwehte Sommerreife, plötzlich das Wort das geniale Rennpferd. Es stand in einem Bericht über einen aufsehenerregenden Rennbahnerfolg, und der Schreiber war sich der ganzen Größe des Einfalls vielleicht gar nicht bewußt gewesen, den ihm der Geist der Gemeinschaft in die Feder geschoben hatte. Ulrich aber begriff mit einemmal, in welchem unentrinnbaren Zusammenhang seine ganze Laufbahn mit diesem Genie der Rennpferde stehe. Denn das Pferd ist seit je das heilige Tier der Kavallerie gewesen, und in seiner Kasernenjugend hatte Ulrich kaum von anderem sprechen hören als von Pferden und Weibern und war dem entflohn, um ein bedeutender Mensch zu werden, und als er sich nun nach wechselvollen Anstrengungen der Höhe seiner Bestrebungen vielleicht hätte nahefühlen können, begrüßte ihn von dort das Pferd, das ihm zuvorgekommen war.«

Aus »An die Nachgeborenen« von Bertold Brecht

»Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!«


Weltmeisterschaft

»Eine Stimmung von Freigang und Amnestie liegt in der Luft: Für die Dauer der WM, dieses Weltfestes der Begnadeten, dürfen sich die Zwielichtigen wie Begnadigte fühlen.« (Peter Kümmel in DIE ZEIT, 20.6.2018)

Robert Musil, MoE I.34

»So lag in der Jugend das Leben noch wie ein unerschöpflicher Morgen vor ihnen, nach allen Seiten voll von Möglichkeit und Nichts, und schon am Mittag ist mit einemmal etwas da, das beanspruchen darf, nun ihr Leben zu sein, und das ist im ganzen doch so überraschend, wie wenn eines Tags plötzlich ein Mensch dasitzt, mit dem man zwanzig Jahre lang korrespondiert hat, ohne ihn zu kennen, und man hat ihn sich ganz anders vorgestellt. Noch viel sonderbarer aber ist es, daß die meisten Menschen das gar nicht bemerken; sie adoptieren den Mann, der zu ihnen gekommen ist, dessen Leben sich in sie eingelebt hat, seine Erlebnisse erscheinen ihnen jetzt als der Ausdruck ihrer Eigenschaften, und sein Schicksal ist ihr Verdienst oder Unglück. Es ist etwas mit ihnen umgegangen wie ein Fliegenpapier mit einer Fliege; es hat sie da an einem Härchen, dort in ihrer Bewegung festgehalten und hat sie allmählich eingewickelt, bis sie in einem dicken Überzug begraben liegen, der ihrer ursprünglichen Form nur ganz entfernt entspricht.«

Erinnerungen

Manche Erinnerungen an Erlebnisse in der Kindheit und Jugend, von deren Wirklichkeit (und zwar genau so) er felsenfest überzeugt war, stellten sich bei Abgleich der nachprüfbaren Tatsachen (Wann war es? Wie alt war er da? Was machte er in dieser Zeit? Kindergarten? Schule? Studium? etc.) als falsch heraus.

Schlagworte hinterfragen!

Möchte diese ganzen armen Desinformierten, die den verantwortungslosen rechten Hetzern nachplappernd von Merkels Politik mit dem Scheckbuch quasseln, fragen, ob es auch eine Politik ohne Scheckbuch gibt? Wäre toll, dann wären keine Steuern mehr nötig und kein Bundeshaushalt.

Unter Zwergen

Und ⸺ wenn ich an meine Bandscheiben denke ⸺ alles ist zu niedrig ⸺ ständig muss ich mich bücken ⸺ zu euch Zwergen hinab.

Thomas Gollas, Schwarzes Loch, S. 235/236

»Mehr habe ich von Merz nicht zu berichten. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Verschwunden, als habe ihn der Erdboden verschluckt. Aber dagewesen, zweifellos. Zweifellos? Manchmal, wenn ich Obdachlosen, Bettlern und sogenannten Pennern begegne, schaue ich sie mir jetzt genauer und mit wesentlich größerem Interesse an, als früher; als könne ich ihn, Merz, unter diesen Gestrauchelten und wie gesagt wird Heruntergekommenen wiederfinden. Bei irgendeinem unserer Zusammenkünfte, möglicherweise auch in einem seiner Texte, hatte er mir einmal die sogenannten SchwarzeLöcher erklärt. Schwarze Löcher seien, so hatte Merz erläutert, astrophysikalische Phänomene, die seit einiger Zeit von den Astronomen und Physikern immer häufiger im All entdeckt, zumindest aber vermutet würden. Diese Gebilde zeichneten sich dadurch aus, daß sie wegen ihrer großen Masse, die dem Millionen- und Milliardenfachen einer Sonne entspreche und also wegen unvorstellbarer Massenanziehungskräfte, alles verschlängen und sich zu eigen machten, was in ihre Nähe gerate. Somit nehme die Masse eines Schwarzen Lochs immer mehr zu und der Raum werde in der Nähe eines Schwarzen Lochs so stark gekrümmt, daß aus diesem Raumschlund nichts entweichen könne, nicht einmal das Schnellste, das Licht. Da es im Schwarzen Loch nichts anderes mehr als eben das Schwarze Loch gebe, sei auch eine Relation zwischen zwei Dingen und also Bewegung und also letztlich Zeit nicht mehr existent. Irgendwann werde sich irgendein Schwarzes Loch durchsetzen und das ganze Universum verschlingen, mit der Folge eines neuerlichen sogenannten Urknalls, mit dem möglicherweise alles wieder von vorne beginnen müsse. 
Am allermeisten, so Merz damals, und im höchsten Maße unbefriedigend, empfinde er den Umstand, daß am Ende, wo doch schließlich am meisten gewußt werde und wo sich alle Erfahrungen, Erkenntnisse und Einsichten in einem Punkt bündelten – ähnlich möglicherweise diesem Phänomen des sogenannten Schwarzen Lochs – nichts mehr davon weiterzugeben und zu vermitteln möglich sei. Hier angelangt, so Merz, herrsche die größtvorstellbare und also eine Art unendlich verdichtete Sprachlosigkeit.«

Thomas Gollas, Schwarzes Loch

»Er sei in jener Zeit gerne auf dem Klo gesessen, denn so etwas ähnliches wie das Gefühl zuhause zu sein, hatte er am ehesten auf dem Klo sitzend. Mehr als im Bett liegend, stärker als auf dem schwarzen Sofa, deutlicher als am Küchentisch sitzend.«

18. Juli 2018

Thomas Gollas, Schwarzes Loch

»Und, als sei ein Helligkeitsregler im Kopf, oder sonst wo, um eine Spur zurückgeschaltet worden, wird von einem Augenblick zum anderen alles dunkler. Ein klein wenig nur, aber deutlich wahrnehmbar und vor allem unumkehrbar.«

Als das Undenkbare denkbar wurde

Es hatte damals schon die Zeit begonnen, wo man immer häufiger überrumpelt und kopfschüttelnd feststellen musste, dass die Momente, in denen das Undenkbare nicht nur plötzlich denkbar, sondern auch radikal Realität wurden, in immer kürzeren Abständen aufeinanderfolgten.

Thomas Gollas, Schwarzes Loch

»Die Menschen in den Straßen schienen ihn nicht wahrzunehmen, als sei er gar nicht vorhanden, als sei eine Tarnkappe in Funktion gesetzt worden, die ihn unsichtbar machte für die Anderen. Man schaute gleichsam durch ihn hindurch und manchmal hatte er das dringende Bedürfnis irgendeinen Beliebigen, der ihm zufällig begegnete und nahe kam mit beiden Händen am Kragen zu packen und zu zwingen ihm in die Augen zu schauen, bloß um ihn von seiner Existenz zu überzeugen. Hier ist jemand! Schau mir in die Augen! Nimm Kenntnis!«

Das Letzte

»Das Letzte, was er hörte, war der überraschte Aufschrei einer zufälligen Zeugin aus der Nachbarschaft, in dem auch eine gewisse Empörung mitschwang, vor der Geräuschkulisse der dumpfen Knaller des Feuerwerks eines Sommerfestes im nahegelegenen Park.«

Desinformation

Diese desinformierten Sympathisanten von rechten gesellschaftspolitischen Vorstellungen wollen gar nichts wirklich wissen, interessieren sich nicht für Kunst, Kultur, Wissenschaft, halten das alles für überflüssig und hassen es schon seit ihrer Schulzeit.

Nur versprochen!

Endlich! Späte Rehabilitierung von Walter Ulbricht durch Donald Trump:
Ulbricht hat sich nur versprochen! Statt »Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen« , wollte er damals eigentlich sagen »Jemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen«.

Verstehen

Die Leute könnten verstehen, aber sie verstehen nicht, weil sie nicht verstehen wollen.

Die Leute

Manche Leute leugnen aus vollster Überzeugung die Tatsachen, nur um einem anderen widersprechen zu können.

Beispiel folgt demnächst.

Becketts »Watt«

Wie ich »Watt« diesmal nicht mit erstens, sondern mit drittens zu lesen beginnen werde, so werde ich nicht mit viertens fortfahren zu lesen, sondern mit erstens, danach kommt viertens und zum Schluss zweitens. Drei, eins, vier, zwei, das ist die Reihenfolge, mit der ich »Watt« diesmal lesen werde.

Helsinki 2018

Lächerlich, wenn Putin jetzt als schlauer Fuchs gefeiert wird. Was ist schon dabei einen Schwächling, notorischen Lügner und Angeber wie Trump an der Nase herumzuführen? Putin kann sein Russland nicht entwickeln, Russland steckt fest, weil Putin es nicht demokratisieren kann, denn dies würde das Ende seines korrupten und repressiven Unrechtsregimes bedeuten. Demokratisierung ist aber unabdingbar, wenn die menschlichen Ressourcen, die innovativen Ideen freier Unternehmer, freier Künstler und freier Wissenschaftler zum Tragen kommen sollen. Russland steckt mit dem Putin-Regime in der Sackgasse.

17. Juli 2018

Samuel Beckett, Das Ende

»Die Kleider – Schuhe, Socken, Hose, Hemd, Rock und Hut – waren nicht neu, der Tote mußte aber ungefähr meine Figur gehabt haben.«


»Es ging mir nicht gut, aber sie sagten mir, daß es mir gut genug gehe. Sie sagten nicht ausdrücklich, daß es mir so gut gehe, wie es mir nie mehr gehen würde, aber es klang durch.«


»Es ging mir gut in diesem Haus, das muß ich sagen. Abgesehen von einigen Ratten war ich allein im Keller.«



»Man möchte sich manchmal fragen, ob man auf dem richtigen Planeten ist.«


»Sich ein Königreich schaffen inmitten der allgemeinen Scheiße und dann darauf scheißen, das paßte so recht zu mir.«


»Ich dachte ohnmächtig und ohne Bedauern an den Bericht, den ich beinahe gemacht hätte, einen Bericht nach dem Bilde meines Lebens, ich meine, ohne den Mut zu enden und ohne die Kraft weiterzumachen.«


Frank Castorf

»Kunst ist nicht zuständig für's Lebbare, sondern für's Unmögliche, das Hirn und Herzkammern sprengt. Theater ist ein Raum für Verantwortungslosigkeit. Es interessiert mich nach wie vor, was  mich übersteigt, überfordert, mir dunkel und komplex erscheint.«

Ellsworth Kelly

Jede Art von Mystifizierung war ihm fremd. Er blieb immer Realist, auch im Umgang mit der Farbe. Weder war sie Ausdruck einer seelischen Befindlichkeit, noch hatte sie einen symbolischen Wert. Sie sollte auch nicht die Form definieren, sondern selbst Form werden. Deshalb interessierte er sich auch für die Masse der Farbe und nicht für die Kanten oder die Ränder seiner Leinwände, wie er einmal in Abgrenzung zur Hard-Edge-Malerei sagte, der er immer wieder zugeordnet wurde.

25. Mai 2018

Freiheit

Um frei zu sein muss man verstehen, dass man vollkommen unbedeutend ist.

Ruhm

Der Ruhm und das Scheitern haben etwas gemeinsam, sie sind nicht ernstzunehmen.

Sohn

Wenn ich an meinen Sohn denke, sehe ich den Fünfjährigen, der vor dem Haus unter der großen Kastanie selbstgemachte Schneebälle verkauft.

14. Mai 2018

Franz Erhard Walther

»Das Zeichnen ist zu meiner Sprache geworden. Wenn ich nicht zeichnen könnte, würde ich mich als stumm empfinden.« (Franz Erhard Walther)

»Künstlersein ist kein Beruf. Einen Beruf verbinde ich mit einer Aufgabe. Die gibt es in der Kunst nicht. Sie schwebt frei im Raum.« (Franz Erhard Walther)

16. April 2018

Mike Kelley

»Ich wurde Künstler, um Versager sein zu können. Ich wollte
etwas machen, das Erfolg ausschließt und sicherstellt, dass
ich kein produktives Mitglied der Gesellschaft bin.«
(Mike Kelley | 1954 – 2012)

12. Dezember 2017

Aus »Schwarzes Loch« von Thomas Gollas S.13/15

Merz beklagt, daß es ihm nicht gelinge seine Selbsttötung endlich in Angriff zu nehmen. Stelle er sich vor, er bewege sich, nach seinem endgültigen Entschluß und mit dem Auto stark beschleunigend, auf den dicken Baum am Straßenrand zu, tauche beim weiterführenden Gedanken sofort beispielsweise ein Radfahrer auf, der ihn gerade im entscheidenden Moment mit Sicherheit behindern würde, oder ein Fußgänger, vielleicht auf der anderen Straßenseite, dem er dies nicht antun könne, sodaß er sein Vorhaben abbrechen müsse. Selbst wenn er davon ausgehe, daß er die tödliche Dosis Schlaftabletten irgendwie beschaffen könne – was ihm wahrscheinlich allein schon so gut wie unmöglich sei – was würde ihm im Kopf herumgehen, im Zeitraum zwischen Einnahme und einsetzender Wirkung? Das gleiche gelte für die Autoabgasmethode, stellt Merz fest. Der kurze Druck auf den Abzug einer Pistole erscheine ihm noch am ehesten durchführbar. Manchmal, in größter Verzweiflung, habe er so große Sehnsucht nach einer Pistole, daß er laut danach schreie, nachts, wach in seinem Bett liegend. Er sei aber zweifellos nicht in der Lage sich eine Pistole zu beschaffen. Er sei überzeugt, daß ihm jeder sofort ansehen würde, was er damit zu tun vorhabe. Das Gleiche gelte beispielsweise für den Apotheker, noch eher für die Apothekerin, von der er sich die Tabletten versuchen würde zu besorgen. Ebenso gelte dies für den zufälligen Spaziergänger, den er mit Sicherheit treffe, unterwegs zu der hohen Brücke. In U-Bahnhöfen werde mit Sicherheit immer, zu jeder Tages- und Nachtzeit, jemand sein, der ihn beobachten würde, bei seinem letzten Gang in die Tunnelröhre. Man würde nach ihm rufen, ihn zurückhalten versuchen. Nicht auszuhalten sei diese Vorstellung von Zeugen bei dieser letzten Aktion, dem wohl absolut Intimsten, was man sich vorstellen könne. Merz beklagt, daß ihm kriminelle Energie fehle und also die Eigenschaft, die es einem ermögliche, andere zu hintergehen, zu täuschen, zu betrügen, zu benutzen. Allein schon das Sich-los-reißen im entscheidenden Moment sei ihm mit absoluter Gewissheit mangels Durchsetzungskraft  nicht möglich. In einer verbrecherischen Gesellschaft, so Merz, sei man ohne Verbrechertalent und also der nötigen Skrupellosigkeit von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Merz jammert über seine Ehrlichkeit, seine krankhafte Korrektheit. Denke er etwa an den betreffenden U-Bahnfahrer, so müsse er sofort zumindest die U-Bahn-Methode verwerfen. In einem Brief an meinen U-Bahnfahrer habe er versucht seine Handlungsweise zu rechtfertigen. Es sei ihm nicht befriedigend gelungen. Gescheitert sei er ebenso mit seinem Brief an meine Apothekerin, mit seinem Brief an die Mutter meiner Kinder, mit seinem Brief an meinen Polizisten und mit seinem Brief an den zufälligen Passanten. Seine gesammelten Abschiedsbriefe füllten mittlerweile einen dicken Ordner. Merz stellt fest, es seien ausnahmslos mißlungene Texte. Er vermutet, daß er wohl zu denjenigen gehöre, die sich, oben auf dem Dach des Hochhauses, am Abgrund stehend, von dem für solche Fälle psychologisch geschulten Feuerwehrmann oder Rettungssanitäter überreden lassen, aufzugeben und weiterzuleben